Mein rechter rechter Platz ist frei…

…scheint eine „Alte Freundin“ rufen zu wollen 🙂

Und nein, es ist nicht die Freundin aus dem vorangegangenen Beitrag, sondern A1000 Nr. 2, den ich dann doch für einen schon eher spürbaren Betrag einem anderen Enthusiasten ablösen „durfte“. Wie man sieht, hat es dort stellenweise etwas mehr gegilbt, dafür waren aber die inneren Werte insgesamt originalgetreuer und vor allem intakter als bei der Nr. 1 – alles kein Vergleich zu „meinem“ Erstlings-Amiga, der aber nunmal nicht mehr wiederzubeschaffen ist. Schnüff!

Das Ding mit dem „rechten Platz“ bedarf der Erklärung – denn obwohl ich auch davon bereits eines besitze, befindet sich gerade ein weiteres „Sidecar“ (Kenner wissen, Modell A1060) auf dem Weg hierher – erneut in besserem Zustand als das bereits vorhandene und hoffentlich ohne die lästigen Kontaktprobleme, die schon zu Zeiten, als die Dinger neu waren, so manchen User in den Wahnsinn getrieben haben sollen – zumal diese PC-Erweiterung anfangs beinahe den gleichen stolzen Preis wie der Amiga selber hatte.

Leider haben die Computer dieser Ära – die Amigas der ersten Modellreihe zumal – einige Unzulänglichkeiten. Da ist vor allem die Abhängigkeit von 3,5“-Disketten, deren Langzeit-Haltbarkeit dann doch eher ernüchternd ist. Jedenfalls habe ich mit jedem Amiga einen ordentlichen Stapel davon bekommen und selbst solche, die anfangs noch leidlich lesbar waren, verloren sehr schnell von dieser vermeintlichen Datentreue.

Das wäre alles dank einer wunderbaren Erfindung namens „Gotek“ kein Problem – wäre da nicht der Punkt, dass dieser „Floppy-Emulator“ zwar so ziemlich jedes gängige Diskettenformat emulieren und die passenden Images von einem USB-Stick lesen kann, genau das aber bei Problem Nr. 2 des Amiga 1000 nicht hilft – dem „Kickstart“. Der 1000er war nämlich der einzige Amiga, der sein Basis-System (ist es frevelhaft, von „Firmware“ zu sprechen?) von Diskette laden musste, weil die später verwendeten ROMs noch nicht in endgültiger (oder beinahe endgültiger) Fassung verfügbar waren. Und ebendieses Diskettenimage ist beim Einschalten nicht über einen Emulator ladbar sondern braucht ein echtes Diskettenlaufwerk am echten, internen Laufwerksanschluss – und eine echte, korrekt formatierte 3,5“ Kickstart-Diskette. Autsch.

Enter the Forum… Rettung naht in Form von A1k.org, einem Forum, in dem Enthusiasten sich über das Thema Amiga im Allgemeinen und den 1000er im ganz Besonderen austauschen. Dort bot mir ein freundlicher Kollege ein Kickstart-ROM-Adapter an – und auf auf dieses warte ich zur Stunde. Zusammen übrigens mit noch ein paar kleinen Nettigkeiten, die meinen Retro-Zoo komplettieren sollen.

Nein, das wird hier kein Museum (obwohl ich neben den Amigas eine recht illustre Sammlung noch voll funktionsfähiger Macs mein Eigen nenne) – es ist bloß ein wenig „back to the roots“, und die Upgraderitis gehört nunmal dazu. Es wird beizeiten berichtet.

Ach so, eine weitere Unzulänglichkeit hatte ich vergessen – und sie ist der Grund, warum auf obigem Bild bereits „Freundin Nr. 2“ zu sehen ist, denn die Nr. 1 hatte leider schon kurz nach ihrem Einzug bei mir ein kleines, und nach einem „Besuch“ bei ihrem früheren Besitzer ein größeres Problem.

Das kleine Problem ereilt vmtl. fast jeden älteren Computer mal, sofern er über die aus Kostengründen heute unvorstellbaren aber damals absolut üblichen gesockelten Bausteine verfügt: Kontaktprobleme, bedingt durch Korrosion und das unweigerlich durch Transporterschütterungen eintretende Lockern der Chips in den Fassungen. Es war der Grund dafür, dass ich die Nr. 1 quasi geschenkt bekam – sie gab nur noch ein schwarzes Bild und ein klägliches Flackern der Power-LED von sich. Nichts, was eine solide Grundreinigung und ein beherztes „Re-seating“ (Herausnehmen und wieder Einsetzen der Bausteine) nicht hätten beheben können – wenn man das Werkzeug und die Zeit dazu hat oder sich zu nehmen bereit ist.

So weit, so gut.

Dann kam der „Heimaturlaub“, und kurz darauf der eher kleinlaute Anruf des Vorbesitzers, dass es da wohl ein kleines Malheur gegeben hätte – nach ein paar Stunden Retro-Zocken hatte es dem Maschinchen gefallen, ein komplettes Wohnzimmer zu verqualmen. Ursächlich war das Netzteil, oder noch genauer ein „Funkentstörkondensator“, der, anstatt zu entstören, selbst leicht gestört war und sein Papier-Dielektrikum in viel Rauch, erhebliche Hitze und auch ein wenig Flammen aufgehen ließ. So ein kleiner Mistkerl:

Tja – antike Hardware eben. Röstaromen inbegriffen. Erstaunlicherweise brannte besagter Kondensator schneller als die direkt daneben befindliche Sicherung durchschmelzen konnte – was dann den seltenen, dicken 5W-220V-Lüfter mit in die ewigen Jagdgründe beförderte. Sicherung und Kondensator waren leicht aus dem Versender-Sortiment ersetzt – der Lüfter nicht. Es gibt ihn nicht mehr – das letzte Angebot eines funktionsfähigen „Fast-Neuteils“ aus den USA lag bei ernüchternden $94 (US – ohne Zoll und Versand) – fällt also aus wegen is‘ nich…

Ersatzweise werkelt nun vorerst ein profaner Plastiklüfter aus neuerer Produktion (immerhin auch 220V) darin – die Heckblende ist empfindlich angeschmort, der Miefquirl macht seinem Namen alle Ehre und ist zudem noch laut – und drum konnte ich nicht „nein“ sagen, als Freundin Nr. 2 anklopfte und angeschafft werden wollte. Sammlerleid – oder auch Jammern auf hohem Niveau.

Totgeglaubte leben länger

Wenn man aus heutiger Sicht so drüber nachdenkt, ist es schon etwas schräg – aus einem Hobby und einer Laune heraus hatte ich mir so um das Jahr 2000 herum eine Domain bei einem bekannten Massen-Hoster registriert – zunächst noch ohne konkreten Plan, was ich damit machen wollte. Einen gewissen Spaßfaktor sollte die Namenswahl haben – und passend zur TLD bietet die deutsche Sprache ja eine Vielzahl von Wörtern, die auf die Silbe „de“ enden. Mit etwas Würfeln fiel die Wahl auf „sonnenblen.de“ – wie gesagt, mehr zufällig und ohne konkreten Plan.

Das sollte sich recht schnell ändern – zum einen bot der damals verfügbare Webspace einige technische Möglichkeiten, die mir auf vorangegangenen Plattformen gefehlt hatten (wir sprechen immerhin von vor fast 20 Jahren!), so dass ich natürlich zunächst mit Perl/CGI und später mit PHP ‚rumspielen musste, und zum anderen hatte ich mich in meiner Amiga-Zeit recht fleißig in der einen oder anderen Mailbox herumgetrieben (auch wenn das jetzt vmtl. keinem mehr was sagt, sogar vorübergehend als „Co-SysOp“ einer Z-Netz Mailbox mit dem schönen Namen „Triton“). Auch die eine oder andere Kollision mit dem Usenet (News) hatte ich schon gehabt. Was lag also näher, als die moderne Variante davon auszuprobieren – ein Forum.

Nach dem Thema musste ich nicht lange suchen – auf verschlungenen Wegen war ich nach Amiga und PC (nur vorübergehend verfenstert, danach natürlich mit Linux) zu einer für damalige Verhältnisse ziemlich coolen Sun Workstation gekommen – und obwohl Sun ja eigentlich für „Stanford University Network“ stand, übersetzt man das ganz gern auch als „Sonne“ – und der Bezug zur „sonnenblen.de“ war da – ein Forum rund um Sun Workstations im Einsatz zuhause. Für Profis gab’s das eine oder andere beim Hersteller bzw. bei entsprechenden Drittanbietern – ich war Hobbyist (auch wenn ich die Dinger auch beruflich nutzte) und wollte mich mit solchen austauschen.

Das ging besser als gedacht. Und wenn man – wie ich – auf dem „IT-Werdegang“ noch mit anderen UNIX-Derivaten und den dazugehörigen Hardwareplattformen in Berührung gekommen ist, keimt auch im Hobby der Wunsch auf, über den selbstgedrehten Tellerrand zu schauen und den Hardwarezoo zu erweitern.

Nun waren die 90er grad „durch“, und das war die Zeit, in der CGI / am Computer generierte Filmeffekte ihre erste große Blütezeit hatten – maßgeblich natürlich vorangetrieben von Silicon Graphics, Inc. (SGI). Anfang der 2000er hatten – ähnlich wie bei Sun – die ersten tollen Workstations dieser Firma ihre Hochzeit hinter sich und waren auf dem Gebrauchtmarkt halbwegs erschwinglich. Schon Jahre zuvor hatte ich quasi sabbernd über einem Heise-Artikel zur Iris Indigo von SGI gehangen – als ich dann mit einem Hardware-Aufkäufer in Kontakt kam, der tatsächlich ein paar Indigo2-Workstations auf dem Laster hatte, konnte ich nicht widerstehen. Zunächst musste die blassgrüne Indigo2 her, kurz darauf die purpurfarbene Indigo2 Impact10000 – für damalige Verhältnisse immer noch ein echter „Hobel“, auch gewichtsmäßig.

Die Maschine war da, ein wenig Software war auch aufgetrieben – und wieder der Wunsch, sich mit Gleichgesinnten darüber zu unterhalten. Ein passendes Forum gab’s nicht, oder die damaligen Suchmaschinen waren noch zu schmalbrüstig, eins auszuwerfen. Wie auch immer. Und da mich ja ursprünglich die erste „Indigo“ angefressen hatte und ich zweitens ein alter Jazz-Hörer war (und inzwischen auch ein alter Jazzer bin – aber das ist eine andere Geschichte), drängte sich als Domain-Name „mood-indigo.org“ geradezu auf. Gesagt, getan, registriert, Forum drauf, los ging’s.

Das ging eine Weile gut – aber die Workstations wollten nicht alleine bleiben, es kam noch anderes potenziell UNIX-taugliches Getier daher. Für alles ein eigenes Forum wäre weder zu managen noch irgendwie abendfüllend gewesen. Also – im Vorgriff auf das neudeutsche Motto „for the rest of us“ – sollte ein letztes, drittes Forum her – und hier sollte der Name Programm sein. Alles, was mit einem „richtigen Betriebssystem“ und „richtigen Rechnern“ zu tun hatte, gehörte hier hinein. Ich hatte zwar schon die Idee (basierend auf dem Motto „Get a Real Computer!„) zu dieser Seite (noch bevor „Bloggen“ ein Thema war), aber „unixforum.net“ klang irgendwie passend, war frei und schwups – meins.

Die nächsten Jahre waren ziemlich unterhaltsam – viele neue Leute fanden den Weg in die Foren, auf der „Sonnenseite“ gab es sogar Wettbewerbe mit Hardware-Preisen und schwunghaften Handel mit gebrauchten Maschinen und Ersatzteilen aller Orten.

Mit der Zeit verschoben sich die Prioritäten – mit der Familienplanung wurde der Platz für den Hardwarezoo und die Zeit für das Hobby weniger, und 2004 kippte die Geschichte insoweit, als ich für die tägliche Computerarbeit zuhause „irgendwas mit Obst“ brauchte bzw. haben wollte. Die Foren liefen weiter, zur besten Zeit spielte eine dicke Sun Ultra60 mit einigem an extern angeflanschtem SCSI-Equipment den „Home-Server“, und alles war gut.

Dann wurde es ruhiger, und zugleich setzte eine ganz nervige Pestilenz ein – der Foren-Spam. Horden von Bots kamen aus fernöstlichen Gefilden und registrierten sinnfreie Benutzerkonten um linküberfrachteten Müll in alle Boards zu posten. Mehrfach mussten die Foren für Neuregistrierungen gesperrt werden, Gegenmaßnahmen in Form von Captchas und Sicherheitsfragen wurden schneller ausgehebelt als man neue einbauen konnte. Die Foren liefen längst auf dedizierten Webservern, aber auch deren Absicherung, die Einführung von Bannlisten und die fleißige Hilfe vieler Co-Moderatoren konnte das Problem nicht eindämmen.

Als schließlich Mitte 2018 ein Server-Crash dazu führte, dass die Foren auf eine neue Maschine migrieren mussten und mit der dort installierten PHP-Version nicht mehr klar kamen, schien schon fast das Ende eingeläutet zu sein. Aber nicht mit Onkel Jerry (achso, das bin ja ich 🙂 ) – nach einigen, z.T. in Handarbeit eingepflegten – Updates der Forensoftware waren diese nicht nur unter PHP 7 wieder komplett lauffähig, es stellte sich heraus, dass es auch endlich ein Erweiterungsmodul gab, das den Spammern Paroli bieten konnte. Und dank LetsEncrypt kann der ganze Spaß jetzt sogar noch SSL-verschlüsselt laufen.

Und so kam es, dass zu einem Zeitpunkt, da viele die Foren vmtl. längst vergessen und abgeschrieben hatten, eine Rundmail an alle registrierten Benutzer herausging – ein Lebenszeichen. Ich bin gespannt, wieviele den Nostalgie-Trip teilen und wiederkommen werden…